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Aktiengesellschaft

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Qualifizierte Gründung

Rechtsgebiet:
Aktiengesellschaft
Stichworte:
AG, Aktiengesellschaft
Autor:
Bürgi Nägeli Rechtsanwälte
Herausgeber:
Verlag:
LAWMEDIA AG

Bei der sog. „Qualifizierten Gründung“ erfolgt die Liberierung der gezeichneten Aktien nicht in Geld, sondern durch Sachwerte oder Verrechnung:

» Besonderheiten der Qualifizierten Gründung

» Sacheinlagegründung

» Sachübernahmegründung

» Verrechnungsliberierung

Ebenfalls zum Themenkreis der Qualifizierten Gründung zählt die Einräumung „besonderer Vorteile zugunsten der Gründer oder Dritter“. Die Gewährung solcher „Gründervorteile“ hat Seltenheitswert, weshalb an dieser Stelle einzig auf die gesetzliche Grundlage verwiesen wird:

Besonderheiten der Qualifizierten Gründung

Gegenüber Barliberierung besteht bei der Liberierung durch Sachwerte ein Bewertungsrisiko bzw. Sicherheitsrisiko. Dem begegnet der Gesetzgeber mit folgenden Sicherheitsvorkehren:

  • Gründungsbericht über
    • Sacheinnahme bzw. Sachübernahme (OR 635 Abs. 1)
      • Art der Sachwerte
      • Zustand der Sachwerte
      • Bewertung der Sachwerte
    • Verrechnungsliberierung (OR 635 Abs. 2)
      • Bestand der Schuld
      • Verrechenbarkeit der Schuld
  • Prüfung des Gründungsberichts durch einen staatlich zugelassenen Revisor (OR 635a)
    • Formelle Richtigkeit des Gründungsberichts
      • Vollständigkeit
      • Richtigkeit
      • Klarheit
      • Datierung und Unterzeichnung durch den Revisor
    • Materielle Richtigkeit des Gründungsberichts
      • Angemessenheit der Bewertung
  • Transparenz bzw. Publizität
    • in den Statuten
      • Nennung der qualifizierten Gegenstände (vgl. OR 628)
    • im Handelsregister (HR)
      • Pflicht zur Einreichung der zusätzlichen Gründungsbelege (vgl. HRegV 43 Abs. 3, lit. a – d)
        • Gründungsbericht
        • Sacheinlagevertrag oder Sachübernahmevertrag
        • Vorbehaltslose Prüfungsbestätigung eines staatlich anerkannten Revisors

Form

Der Sacheinlagevertrag bzw. Sachübernahmevertrag bedarf zu seiner Gültigkeit der Schriftform, bei Immobilien als Sacheinlage- oder Sachübernahme-Gegenstand der öffentlichen Beurkundung (OR 634 Abs. 1).

Gründerhaftung

Werden die Vorschriften der qualifizierten Gründung nicht eingehalten, machen sich die Gründer verantwortlich (Gründerhaftung; vgl. OR 753).

Sacheinlagegründung

Bei der Sacheinlagegründung wird die Aktienkapital-Liberierung durch die Einlage von Sachwerten vorgenommen:

  • Erscheinungsformen:
    • Umwandlung einer Personengesellschaft (KLG oder KMG
    • Sachgesamtheiten, zB einer Einzelfirma (vgl. OR 181)
    • Gründer bringen private Nutzungsgegenstände zur Liberierung in die AG ein
  • Einbringbare Gegenstände:
    • Immobilien
    • Bewegliche Sachen
    • Forderungen, Wertpapiere und sonstige Ansprüche
  • Anforderungen an die Gegenstände:
    • Verwendbarkeit
    • Übertragbarkeit
    • Werthaltigkeit
    • Bewertbarkeit
    • Aktivierbarkeit
    • Verfügbarkeit (oder bedingungsloser Eintragungsanspruch, zB ins Grundbuch)
  • Form (OR 634 Abs. 1)
    • Allgemein: Schriftform
    • Immobilien: öffentliche Beurkundung

Sachübernahmegründung

Zunächst wird die AG entweder in Standardgründung (Bargründung) oder durch qualifizierte Gründung (Sacheinlage) errichtet. Zu dieser Situation tritt der zusätzliche Tatbestand der sog. „Sachübernahme“:

  • Die Sachübernahme beinhaltet die bei der Gründung der AG eingegangene Verpflichtung, nach ihrer Eintragung im HR bestimmte Sachwerte entgeltlich zu erwerben (vgl. OR 628 Abs. 2):

Die Unterstellung der Sachübernahme unter die Regeln der Qualifizierten Gründung durch den Gesetzgeber erfolgte zur Vermeidung der Umgehung einer Sacheinlagegründung durch eine Bargründung mit separatem Erwerbsgeschäft, also aus Gründen des Kapitalschutzes.

Durch die Unterwerfung der Sachübernahme unter die Regeln der Qualifizierten Gründung sind Themen weitgehend gleich wie bei der Sacheinlagegründung:

  • Erscheinungsformen
    • Erwerb eines Geschäftes oder Geschäftsfeldes von einem Dritten (oder Aktionären)
    • Bestellung einer Betriebseinrichtung (zB Produktionsanlage)
  • Übernahmegegenstände
    • Immobilien
    • Bewegliche Sachen
    • Forderungen, Wertpapiere und sonstige Ansprüche
  • Anforderungen an die Gegenstände
    • Verwendbarkeit
    • Übertragbarkeit
    • Werthaltigkeit
    • Bewertbarkeit
    • Aktivierbarkeit
    • Verfügbarkeit (oder bedingungsloser Eintragungsanspruch, zB ins Grundbuch)
  • Form (OR 634 Abs. 1)
    • Allgemein: Schriftform
    • Immobilien: öffentliche Beurkundung

Maximalbetrag:

Soll die Sachübernahme zu einem späteren Zeitpunkt vereinbart werden, ist es möglich, einen Maximalbetrag als Quantitativ der Sachübernahme vorzusehen

Ausnahmen von der Qualifizierten Gründung:

  • Geringfügige Sachübernahmen
    • Sachübernahmen ohne wesentlichen wirtschaftlichen Wert können ohne Beachtung der Regeln der Qualifizierten Gründung erworben werden
  • Fremdbestimmter Erwerbspreis
    • Gegenstände, die durch Steigerung erworben werden (in casu Hotelkomplex), unterliegen nicht den Regeln der Qualifizierten Gründung (vgl. BGE 128 III 178).

Verrechnungsliberierung

Bei der sog. „Verrechnungsliberierung“ wird die Leistungspflicht des zeichnenden Aktionärs durch Verrechnung der AG gegenüber erfüllt. Die Verrechnung ist neben der Barliberierung und der Sacheinlage die dritte Art Eigenkapitalbeschaffung:

Erscheinungsformen:

  • Ursprüngliche Liberierung
    • Einbringung einer Einzelfirma
    • Umwandlung einer Personengesellschaft (KLG oder KMG)
  • Nachliberierung (bei blosser Teilliberierung anlässlich der Gründung) (OR 634a)
  • Liberierung einer Aktienkapitalerhöhung

Verrechnungsgegenstände:

Verrechnung der Forderungen des Einzelfirmisten bzw. Gesellschafters der Personengesellschaft gegenüber der Gesellschaft.

Verrechnungsanforderungen:

  • Verrechnungsvoraussetzungen (vgl. OR 120 Abs. 1)
    • Geld / Geld oder andere Leistungen / andere Leistungen (Gleichartigkeit)
    • Fälligkeit
    • Verrechnungserklärung
  • Werthaltigkeit der Gegenforderung

Besonderes:

Die Verrechnungsliberierung bedarf keiner Erwähnung in den Statuten (vgl. OR 642).

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